Ein Markt mit Möglichkeiten
Artikel veröffentlicht in der Zeitschrift Asia Bridge im September 2017
Thailand ist für deutsche Unternehmen in vielerlei Hinsicht interessant. Ohne Berücksichtigung branchenspezifischer Gesichtspunkte lässt sich generell sagen, dass Thailand sich weiterhin als Südostasienhub anbietet. Daran ändert auch die derzeitige politische Situation in Thailand wenig. Die thailändische Regierung hat sich beim Thema ausländische Investitionen durch Kontinuität, neue steuerliche und nichtsteuerliche Fördermaßnahmen und visionäre Infrastrukturprojekte ausgezeichnet.
Die zahlreichen deutschen Unternehmen vor Ort nutzen Thailand als Tor zur südostasiatischen Freihandelszone AEC (ASEAN Economic Community), einem Markt mit 625 Millionen Menschen. Betrachtet man das ASEAN-China-Freihandelsabkommen entspricht dies sogar einem Markt von über 1,8 Milliarden. Tarifäre Handelshemmnisse innerhalb der AEC und für den Warenverkehr mit China sind weitgehend abgebaut, so dass Unternehmen neben niedrigen Lohnkosten auch von zollfreiem Sourcing profitieren.
Dabei gewinnt Thailand gegenüber China als Standortalternative oder Ergänzung zunehmend an Bedeutung. Japanische Unternehmen bevorzugen Thailand als Investitionsstandort schon lange.
Aber auch die rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen tragen erheblich zur Attraktivität des Standorts Thailand bei. Thailand hat ein kontinentaleuropäisch geprägtes Rechtssystem nach deutschem Vorbild. Der thailändische “Civil and Commercial Code” entspricht in Teilen dem deutschen BGB. Für internationale Handelssachen gibt es eine Sonderzuständigkeit des Intellectual Property and International Trade Court, dessen Spruchkörper mit Berufsrichtern und erfahrenen Geschäftsleuten besetzt sind, die besondere Qualifikation und Erfahrung im Handelsrecht aufweisen.
Seit den 50er Jahren hat Thailand ein Investitionsförderungsgesetz (heute Investment Promotion Act B.E. 2520), welches Investitionssicherheit garantiert und die gesetzliche Grundlage für Investitionsfördermaßnahmen bildet. Investitionsförderungen werden danach vom Board Of Investment (BOI) gewährt. Das BOI untersteht dem Büro des Premierministers und unterhält Büros weltweit, unter anderem in Frankfurt.
Ein Aspekt welcher auf den ersten Blick ein Investment in Thailand zu erschweren scheint, sind rechtliche Beschränkungen, denen ausländische Unternehmer bei ihren Aktivitäten in Thailand und beim Erwerb von Grundstücken unterliegen. Das thailändische Ausländerrecht (etwa der Foreign Business Act) verbietet Ausländern bzw. Unternehmen in ausländischem Mehrheitsbesitz bestimmte geschäftliche Aktivitäten. Hierbei handelt es sich jedoch letztendlich hinsichtlich der meisten verbotenen Aktivitäten nur um eine Art „präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ in dem Sinne, dass eine Genehmigung (Foerign Business License) auf Antrag erteilt wird, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Eine Förderung durch das BOI ist ein anderer Weg, um die oben genannten Einschränkungen für Ausländer zu vermeiden und gleichzeitig die Investitionssicherheit zu verbessern, sowie zusätzlich sehr attraktive steuerliche Vorteile zu erhalten.
Das BOI gewährt nichtsteuerliche und steuerliche Investitionsanreize. Die nichtsteuerlichen Anreize beinhalten die Möglichkeit, dass ein Unternehmen in Thailand zu 100% vom ausländischen Investor gehalten wird, ohne dass die oben erwähnten ausländerrechtlichen Beschränkungen zur Anwendung kommen. Ebenfalls wird dem ausländischen Unternehmen der Erwerb von Grundeigentum ermöglicht. Die vom BOI geförderten Unternehmen können außerdem eine unbegrenzte Zahl ausländischer Facharbeiter und Experten nach Thailand bringen, wobei die erforderlichen Visa und Arbeitserlaubnisse in einem schnelleren und einfacheren Verfahren erteilt werden.
Die steuerlichen Anreize sind insbesondere Steuerbefreiungen von bis zu 15 Jahren sowie die Befreiung oder Ermäßigung hinsichtlich der Einfuhrzölle auf Rohstoffe und moderne Maschinen. Thailand hat ohnehin einen der niedrigsten Körperschaftsteuersätze in der Region von 20%. Die steuerlichen Anreize des BOI erhöhen die steuerliche Wettbewerbsfähigkeit Thailands zusätzlich.
Die genannten BOI-Privilegien werden für bestimmte förderungswürdige Branchen und Aktivitäten gewährt. Das BOI veröffentlicht regelmäßige eine Liste der geförderten Branchen und Aktivitäten. Dabei werden insbesondere wissensbasierte Aktivitäten gefördert, die Investition in Forschung und Entwicklung, der Einsatz von Hochtechnologie sowie Aktivitäten, welche helfen, die Infrastruktur und Wettberwebsfähigkeit des Landes zu verbessern oder mit einem Wissenstransfer verbunden sind.
Für die folgenden Geschäftszweige ist Thailand als Investitionsstandort von besonderem Interesse, da sie neben den nichtsteuerlichen auch mit steuerlichen Förderungen belohnt werden:
Produktion und Instandhaltung kommerzieller Flugzeuge.
Erneuerbare Energien, insbesondere die Stromerzeugung (zusätzlich attraktive Einspeisetarife der thailändischen Regierung) aus Abfall und refuse-derived fuel (RDF), Solarenergie, Biomasse, Biogas, sowie die Brennstoffgewinnung aus Agrarprodukten und Abfall, die Entsorgung und Verwertung von Haushaltsmüll, die Entwicklung und Produktion von Energiespeichern.
Automobilindustrie, insbesondere Produktion von Fahrzeugen und Fahrzeugteilen, Produktion von Gummireifen, Motoren und Brennstoffzellen. Thailand ist einer der weltgrößten Automobilproduzenten und der gröβte Automobilproduzent in der Region.
Biokunststoff, insbesondere Produktion umweltfreundlicher Chemikalien und Polymere sowie die Produktion unter Einsatz von Biokunststoff. Biotechnologie, unterstützt von einem starken Netzwerk aus Regierungsstellen zur Anerkennung und Förderung von Biotechnologie, und Hochschulen. Digital Economy, insbesondere Embedded System Design, Enterprise Software, Embedded Software, Datenzentren, Innovation Incubation Center, Clouddienste, Digital Content, Animation, Computerspiele und E-Learning.
Elektronikindustrie, insbesondere Herstellung von organic and printed electronics, elektronische Kontroll- und Messinstrumente, Herstellung von Komponenten für kabellose und auf Glasfaser basierende Kommunikationssysteme, Herstellung von solid state drives, hard disk drives, Solarzellen und Halbleiterscheiben. Lebensmittelindustrie, beispieslweise grading, Verpackung und Lagerung von Früchten, Gemüse, Pflanzen und Blumen, Herstellung von medical food und Nahrungsergänzungsmitteln.
Edelsteine und Schmuckindustrie
International Headquarters und International Trading Centers.
Logistik, insbesondere für Entwickler von logistics parks und international distribution centers.
Maschinenbau und Metallverarbeitung, besipielsweise Produktion von Automatisierungsanlagen.
Medizintourismus und Produktion bestimmter Medizinprodukte einschließlich medizinischer Hochtechologie und optischer Linsen.
Petrochemische Industrie, insbesondere Herstellung umweltfreundlicher Chemikalien und Polymere und bestimmter Verpackungsmaterialen.
Herstellung von Produkten aus Naturkautschuk.
Daneben werden Investitionen in Sonderwirtschaftszonen (Special Economic Zones) und bestimmten Grenzprovinzen speziell gefördert.
Besondere Erwähnung verdienen die branchenunabhängigen Steuervergünstigungen für ASEAN Headquarters. Unternehmen, die bestimmte administrative Funktionen nach Thailand verlagern, kommen in den Genuss von Steuerbefreiungen oder eines ermäßigten Körperschaftssteuersatzes von 10 % für bestimmte Einkünfte. Ausländische Manager des ASEAN Headquarter profitieren von einem ermäßigten Einkommenssteuersatzen von 15 %.
Wegen der Komplexität des thailändischen Investitionsförderungs- und Ausländerrechts ist bei der Wahl von Thailand als Standort eine rechtliche Beratung zu empfehlen, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden und Chancen optimal zu nutzen.
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